Die österreichische Komponistin ist in diesem Jahr als Ehrengast des Festivals mit zahlreichen Kompositionen in Paris präsent. Für Jacob Mühlrad spielt Olga Neuwirth eine besondere Rolle: Als Mentorin gab sie dem jungen Komponisten wichtige Impulse.
Jacob Mühlrad sagt zu seinem Stück, das sich mit den Dimensionen von Zeitlichkeit befasst: "Für einen Menschen, der eine Eintagsfliege beobachtet, ist ihr Leben - kurz wie ein einziger Tag - ein Augenblick, kostbar und doch winzig. Wäre die Sonne jedoch ein Wesen, das beobachten kann, würde ein menschliches Leben in ihrem riesigen Blickfeld nur 20 Sekunden dauern. Und was ist mit der Galaxie, die die Sonne beobachtet? Die Lebensdauer der Sterne würde sich im kosmischen Fluss der Zeit in Sekundenbruchteile auflösen. Diese Relativität der Zeitwahrnehmung zwingt uns zu der Frage: Wo befinden wir uns als zeitliche Wesen in diesem Kontinuum? Sind wir Geschöpfe des Augenblicks, die nur in flüchtigen Blicken existieren? Die Musik mit ihrer Fähigkeit, die Zeit zu unterteilen und zu vergrößern, gibt uns eine Sprache, um diese Fragen zu erforschen. Ein einziger Ton schwingt für Millisekunden nach, doch wenn er in Harmonie, Rhythmus und Melodie verwoben ist, schafft er eine ausgedehnte zeitliche Erfahrung. Das Zusammenspiel von Musik und Zeit offenbart ein Paradoxon: Zeit kann sich sowohl ausdehnen als auch zusammenbrechen, je nachdem, welche Erzählung wir ihr aufzwingen."
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