Friedrich Cerha

Quellen

Titel
Quellen
Untertitel
für Ensemble
Category
Ensemble/Kammerorchester
Ensemble
Dauer
13:00
Anzahl Mitwirkende
12
Besetzung
Klarinette in A · Sopran-Saxophon · Horn · Posaune · Schlagzeug (3 Spieler) · Gitarre (verstärkt) · Akkordeon (Knopfinstrument) · Orgel · Violine · Viola
Entstehung
1992
Uraufführung
1992-11-22
Klosterneuburg, Schömerhaus · die reihe · Dir.: Friedrich Cerha
Zusatz
Auftraggeber: Schömerhaus Klosterneuburg
Auftraggeber
Schömerhaus Klosterneuburg
Kommentare des Komponisten zum Werk

Nachdem ich in meiner Oper Baal eine Sprachwelt erreicht hatte, in der alle meine bisherigen Erfahrungen nahtlos zu einem vielfältigen musikalischen Organismus verschmolzen erscheinen, galt in der Folge ein für mich wesentliches Interesse einer weiteren Differenzierung meiner Vorstellungen auf rhythmisch-metrischem Gebiet. Eine etwa um 1980 einsetzende und sich zunehmend intensivierende Beschäftigung mit außereuropäischer Musik hat diese Interessen entscheidend gefördert. Sie kommen in meinen beiden Streichquartetten von 1989/90 am stärksten zum Tragen. In Quellen sind sie nur teilweise wirksam.

Der Titel des Stücks bezieht sich darauf, dass ich bei der Konzeption mir klar zu werden versuchte, aus welchen Wurzeln meine musikalischen Vorstellungen kommen. Vielleicht im Zusammenhang damit, dass ich eben eine schwere Krankheit überlebt hatte, begann ich, eine Bilanzierung meiner musikalischen Mittel vorzunehmen, das Repertoire meiner Phantasie kritisch zu durchforsten und alles zu eliminieren, was sich an oft Geübtem und allzu Bewährtem angesammelt hatte. Es blieb noch genug an Gewohnheiten im sprachlichen, gestischen und handwerklichen Bereich. Aber Quellen meiner Inspiration sollten klarer, deutlicher hervortreten.

Meiner Lebenssituation entsprechend herrscht ein kontemplativer Charakter vor, eine Atmosphäre der Einfachheit und Stille. Der erste Abschnitt wird abrupt beendet durch eine Folge von Forte-Akkorden, die dann für den Schluss des Stückes von Bedeutung sind. Polymetrische Überschichtungen zumeist aus afrikanischen Rhythmen abgeleiteter Bildungen schaffen „geschäftige“ Inseln inmitten der Meditation. Ein vielfältiger Umgang mit dem musikalischen Material erlaubte auch das Hereinnehmen einer Passage aus dem letzten vorhergehenden Orchesterwerk, der Langegger Nachtmusik III. Ungewöhnlich für mich ist über weite Strecken das Fehlen von Bassinstrumenten, was den Klang gewissermaßen „in der Luft hängen lässt“; auch in sehr vieler außereuropäischer Musik ist dies der Fall. Die Dominanz des Bassfundaments ist demgegenüber ein besonders wirksames Spezifikum der abendländischen Musik, der gleichwohl natürlich auch meine Quellen zuzuordnen sind.

Friedrich Cerha

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