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General Management
Friedrich Cerha ist am Morgen des 14. Februar, wenige Tage vor seinem 97. Geburtstag gestorben. Wir trauern um einen großen Künstler, einen der wichtigsten Komponisten unserer Zeit und stets wachen, kritischen Zeitgenossen.
Komponist:innen verschiedener Generationen sprechen über ihre persönliche Begegnung mit Friedrich Cerhas Spiegel-Zyklus.
Der Konzertreigen anlässlich des 95. Geburtstages von Friedrich Cerha fand einen Höhepunkt im August: Der monumentale Spiegel-Zyklus war bei den Salzburger Festspielen zu erleben, aufgeführt vom RSO Wien unter Ingo Metzmacher. Wir feiern den Jubilar mit einer Sammlung von Porträtartikeln, aktuellen Links und seinem Video-Interview für das Stadtjournal wien.at.
Randall Smith, Blue Bongo Fever Dream
Friedrich Cerha, Konzert
Igor Strawinsky, Le Sacre du Printemps
Friedrich Cerha, Komposition
Vivi Vassileva, Schlagzeug, Percussion
ORF Radio-Symphonieorchester Wien
Marin Alsop, Dirigent
Friedrich Cerha, Fasce
Rebecca Saunders, Wound - für Ensemble und Orchester
Bas Wiegers, Dirigent
Klangforum Wien
Friedrich Cerha wurde 1926 in Wien geboren. Schon als Gymnasiast leistete er politisch aktiven Widerstand, desertierte dann zweimal von der deutschen Wehrmacht und überlebte das Kriegsende als Hüttenwirt in Tirol. Ab 1946 studierte er an der Wiener Musikakademie Violine, Komposition und Musikerziehung und an der Universität Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie.
Zunächst war er als Geiger und Musiklehrer tätig und stand einerseits in Kontakt zur avantgardistischen Untergrundszene junger Maler und Literaten um dem Art-Club und andererseits zum Schönberg-Kreis der österreichischen Sektion der IGNM; der Schönberg-Schüler Josef Polnauer gab ihm privaten Analyseunterricht zu Werken der Wiener Schule. 1956, 1958 und 1959 nahm er an den Darmstädter Ferienkursen teil und 1958 gründete er mit Kurt Schwertsik in Wien das Ensemble „die reihe“, das konsequent Werke der Avantgarde, der Wiener Schule und der gesamten klassischen Moderne präsentierte und internationale Anerkennung fand. Von 1959 bis 1988 lehrte Friedrich Cerha an der Hochschule für Musik in Wien, wo er von 1976 bis 1988 eine Klasse für Komposition, Notation und Interpretation neuer Musik leitete.
Von 1960 bis 1997 war er gleichzeitig als Dirigent mit renommierten Ensembles und Orchestern bei international führenden Institutionen zur Pflege neuer Musik und Festivals (Salzburger Festspiele, Berliner Festwochen, Wiener Festwochen, Biennale Venedig, Warschauer Herbst, Festival d’Automne Paris, Jyväskylä Festival, Musica Viva München, Nutida Musik Stockholm, Neues Werk Hamburg, Musik der Zeit Köln etc.) und auch an Opernhäusern (Staatsoper Berlin, Wien, München, Liceo Barcelona, Teatro Colon Buenos Aires etc.) tätig. 1978 gründete er mit Hans Landesmann im Wiener Konzerthaus den Zyklus „Wege in unsere Zeit“, den er bis 1983 leitete. Ab 1994 verband ihn auch eine intensive Zusammenarbeit mit dem Klangforum Wien, dessen Präsident er bis 1999 war.
Friedrich Cerhas Herstellung einer spielbaren Fassung des III. Akts der Oper Lulu von Alban Berg (UA 1979 in Paris) hat der Musikwelt ein wesentliches Werk des 20. Jahrhunderts vollständig erschlossen. Im Zeitraum der Arbeit daran (1962 bis 1978) entstand sein eigenes Bühnenstück Netzwerk ( UA 1981 Wiener Festwochen), dem thematisch und musikalisch Vorgänge um die Gegensätze von Leben, das sich entwickeln will, und Ordnung, die sich erhalten möchte, zugrunde liegen. In seinen Opern Baal (UA 1981 Salzburger Festspiele), Der Rattenfänger (UA 1987 Steirischer Herbst) und Der Riese vom Steinfeld (UA 2002 Staatsoper Wien) geht es in verschiedenen Facetten um das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, das ihn seit den Erlebnissen in seiner Jugend beschäftigt und geprägt hat.
Seine Jugendwerke sind stilistisch vielfältig. In seinem Orchesterzyklus Spiegel (1960/61), der heute als ein Hauptwerk der sogenannten Klangkomposition gilt, hat er zu einer von traditionellen Formulierungen gänzlich freien Klangsprache gefunden, die er im Baal mit aus Traditionen Herzuleitendem zu einer organischen Einheit verschmolzen hat. Sein Spätwerk führt Vorstellungen aus beiden Welten weiter. Charakteristisch für sein Gesamtwerk sind direkt emotional mitvollziehbare Entwicklungen und sein Streben nach Reichtum in seiner Musik.
Friedrich Cerha erhielt zahlreiche Aufträge für Ensemble-, Chor- und Orchesterwerke durch zahlreiche Institutionen und Festivals, u.a. Koussevitzky-Foundation New York, BNP Paribas Paris, Festival de Música de Canarias, Südwestfunk Baden-Baden, Westdeutscher Rundfunk, Musica Viva München, Konzerthaus Berlin, ORF Wien, Steirischer Herbst Graz, Konzerthaus und Musikverein Wien, Wiener Philharmoniker etc. und ebenso zahlreiche Preise und Ehrungen. Zuletzt 2006 den Goldenen Löwen der Biennale Venedig, den Orden Officier des Arts et des Lettres, 2011 den Musikpreis Salzburg und 2012 den Ernst von Siemens Musikpreis.
Wir bitten Sie, diese Biografie unverändert abzudrucken. Auslassungen und Veränderungen sind nur nach Rücksprache mit dem Management gestattet.
Friedrich Cerha hat bisher über 200 Werke verschiedener Genres, von Solo bis Oper, geschrieben. Im ausführlichen Werkverzeichnis haben wir alle alle Kompositionen inklusiver der unveröffentlichten und zurückgezogenen Werke zusammengefasst. Sie können die Datenbank nach verschiedenen Kriterien durchsuchen, z.B. nach Kategorie, Titel, Jahr, Dauer oder Anzahl der Mitspieler*innen.
„Im zweiten Teil des Stücks (…) inszeniert Cerha eine ganz andere Stimmung, mit hellen Farben der Holzbläser und sirrenden Geigen. Vivi Vassileva geht nach rechts, zu ihrem Vibrafon, das sie fast schon zärtlich spielt. (…) Mit weichen Klöppeln und später auch mit zwei Bögen, die die Töne schwingen lassen. Das Instrument singt, zirpt und summt, von links antwortet die Celesta. Die Musik scheint für ein paar Minuten zu schweben. Ein wunderbar sphärischer Moment, als Ruhepol vor [dem] dritten Teil. Da wirbelt die Solistin am Xylofon, im Dialog mit knappen Motiven des Orchesters. (…) mit einer weiteren Beschwörungsgeste endet [das Stück]: Alle Schlagwerker und der Dirigent halten sekundenlang die Arme in der Luft. Riesenjubel, natürlich, hochverdient, auch für das tolle Stück.“
Hamburger Abendblatt, Daniel Dittus, 7.11.2022, zum „Konzert für Schlagzeug und Orchester“
„Ein erzählerischer Gestus, eine abwechslungsreiche Dramaturgie und klare, aufgeräumte Klangbilder fesselten in Friedrich Cerhas Neufassung seiner Mikrogramme. Deren Herzstück erinnerte mit ihrer gediegen gearbeiteten Melodramatik an Elmer Bernsteins Filmmusik zu Todd Haynes’ Far from Heaven.“
Der Standard, Stefan Ender, 20.11.2020 zur Uraufführung der Neufassung von „Mikrogramme“
„Knapp zwanzig Minuten Eintauchen in einen faszinierenden Kosmos voller struktureller Perfektion und dennoch unbändiger Leidenschaft.“
nachrichten.at, Michael Wruss, 13.08.2016 zur Uraufführung von „Eine blassblaue Vision“
„Es ist eine Untersuchung der Stille, in welcher beim Zuhörer das Gefühl wachgerufen wird, sich in einem halbdunklen, menschenleeren Wald, ja einer weiten Landschaft des Unbewusstseins zu befinden. Die Streicher [...] flüstern in raffinierter Transparenz, bevor dann der Wind zu pfeifen beginnt.“
Berliner Morgenpost, Rebecca Schmid, 18.01.2016 zu „Bruchstück, geträumt“
„Im ersten Satz [...] entspannt sich aus einem grellen urknallhaften Nukleus elegisches Material, das sich zu drohenden Klanggebirgen aufblähte, um erneut zu explodieren. Von bissigem Blech nur zart gestörte bukolische Idyllen bot der Mittelsatz, der in lichten Streicherflächen ausklang; martialisches Material folgte zum Finale.“
Der Standard, Stefan Ender, 10.04.2016 zur Uraufführung von „Drei Sätze für Orchester“
Prägnante Stücke mit klaren atmosphärischen Kontrasten, raffinierte Musik mit (nach flüchtigem Höreindruck) dem Flair der freien Wiener Atonalität von 1910, aber rhythmisch prägnanter und mit Prisen von Strawinsky, Ravel, Mahler.
hundertII - Konzertgänger in Berlin, Albrecht Selge, 14.11.2016 zur Uraufführung von „Skizzen“
„Cerha hat [...] ein rauschendes Klangkontinuum geschaffen, aus dem sich Linien und Töne lösen. All das erzeugt ein Hörtheater erster Güte, das vor allem im zweiten Satz zu Hochform aufläuft, wenn Cerha eine Stimme zunächst exponiert und sie dann zum Außenseiter macht.“
Stuttgartgarter Nachrichten, Markus Dieppold, 13.02.2012 zur Uraufführung von „Zwei Szenen“
„Da schwirren herrliche Melodien körperlos durch den Raum und bilden so einen Widerpart zur berserkerischen Energie der Außenteile – und zeigen wie nebenbei, dass Cerha auch als Adagio-Komponist, in der Königsklasse der Tonhöhenorganisation also, zu den ganz Großen gehört.“
Leipziger Volkszeitung, 04.05.2011 zum „Konzert für Schlagzeug und Orchester“
„Pulsierende mitreißende Rhythmik und opulente symphonische Klangsinnlichkeit vereint Friedrich Cerha in diesem Werk“
Drehpunkt Kultur, Heidemarie Klabacher, 04.10.2009 zur Uraufführung des „Konzert für Schlagzeug und Orchester“
Friedrich Cerha über seine Musik
Nachtstück, Boulanger Trio
Konzert für Schlagzeug und Orchester (2007/08) Martin Grubinger, hr-Sinfonieorchester, Andrés Orozco-Estrada
Konzert für Violoncello und Orchester (1989/96) Bruno Weinmeister, Helsinki Philharmonic Orchestra, Susanna Mälkki
Onkel Präsident (2008-10) Dokumentation Gärtnerplatztheater
Friedrich Cerha: Spiegel I–VII (1960/61) | ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Ingo Metzmacher
Friedrich Cerha: Kurzzeit (2016/17) | Klangforum Wien, Johannes Kalitzke
Friedrich Cerha: Nacht (2012/13) | ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Duncan Ward
Eine Art Chanson & Eine letzte Art Chanson (1985 - 89) Agnes Heginger, Studio Dan
Bruchstück, geträumt (2009) for Ensemble
Mikrogramme (2020) Klangforum Wien, Johannes Kalitzke
Fünf Stücke für Klarinette, Violoncello und Klavier (2000) No.1 Sehr ruhig Andreas Schablas, Arcus Ensemble Wien
Zwei Szenen: Wohlstandskonversation (2011) Neue Vocalsolisten Stuttgart
8 Sätze nach Hölderlin-Fragmenten für Streichsextett: I. Achtel=63 (1955) Swiss Chamber Soloists
Holger Falk; attensam quartett
kairos, 2022, 0015107KAI
Friedrich Cerha; HK Gruber; Ensemble die reihe
kairos, 2021, 0015100KAI
Friedrich Cerha; HK Gruber; Kurt Prihoda; Rainer Keuschnig; Josef Pitzek
kairos, 2019, 0015028KAI
Swiss Chamber Soloists
Claves, DDD, 2018
Fünf Sätze für Klaviertrio; Rhapsodie für Violine und Klavier; Drei Stücke für Cello und Klavier; Sechs Inventionen für Violine und Violoncello; Nachtstück aus: Trio für Violine, Violoncello und KlavierCAvi, 2016, 8553347
Friedrich Cerha; SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg; Emilio Pomàrico; WDR Sinfonieorchester Köln; Jukka-Pekka Saraste
kairos, 0015005KAI, 2016
Friedrich Cerha; Ernst Kovacic; Mathilde Hoursiangou
Toccata, DDD, 2013
Andreas Schablas; Janna Polyzoides; Hugo Wolf Quartett; Arcus Ensemble Wien
Neos, DDD, 2013
Ulrike Jaeger; Sebestyen Ludmany; Stadler Quartett
Neos, DDD, 2012
Martin Grubinger; Wiener Philharmoniker; Peter Eötvös; Pierre BoulezKairos, 2012, LC 10488
Musik von Friedrich Cerha; Marino Formenti; Rodrigo GarciaCol-legno, 2012, LC 07989
Friedrich Cerha; Klangforum Wien; WDR Sinfonieorchester Köln; Sylvain Cambreling; Peter Rundel
kairos, 2011, 0013152KAI
ORF Radio-Symphonieorchester Wien; Ensemble „die reihe“; Friedrich Cerha; ORF Chor; Erwin OrtnerKairos, 2011, LC 10488
SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Sylvain Cambreling; ORF Radio-Symphonieorchester Wien; Dennis Russel Davis; Friedrich Cerha;Kairos, 2010, LC 10488
Friedrich Cerha; Heinrich Schiff; Netherlands Radio Chamber Orchestra; Peter Eötvös
ECM, DDD, 2007
RSO-Wien; Friedrich Cerha; Theo Adam; Kenneth RiegelORF, 2006, LC 11428
RSO Wien; Bertrand de Billy/ Johannes Kalitzke; Ernst KovacicCol-legno, 2006, LC 07989
Arditti-Quartett; Thomas Kakuska, Viola; Valentin Erben, Cello
CPO, DDD, 2004
Cerha; Hampson; Damrau; Breedt; Samarovski; Zednik; Chor der Wiener Staatsoper; Orchester der Wiener Staatsoper; Boder
ORF, DDD, 2003
ORF, 2001
Klangforum Wien; Friedrich Cerha; Radio-Symphonieorchester Wien; Michael Gielen
col legno, DDD/LA, 2000