Friedrich Cerha

Konzert für Sopransaxophon und Orchester

Titel
Konzert für Sopransaxophon und Orchester
Untertitel
Category
Orchester mit Solist(en)
mit Saxophon
Dauer
35:30
Anzahl Mitwirkende
49
Besetzung
1 (auch Picc.) · 1 · 1 · Bassklar. · Altsax. in Es · 1 - 2 · 2 · 2 · 0 - S. (3 Spieler) - Hfe. - Str. (10 · 8 · 6 · 5 · 3)
Entstehung
2003
Uraufführung
2006-03-09
Frederiksvaerk · Johannes Ernst, Sopransaxophon · Sjaellands Symfonieorkester · Dir.: Heinz Karl Gruber

Zusatz
Auftraggeber: Wiener Konzerthaus, ORF, Sjaellans Symfonieorkester
Auftraggeber
Vienna Konzerthaus, ORF, Sjaellans Symfonieorkester
Kommentare des Komponisten zum Werk

Nach einer Periode puristischer Klangkompositionen (Mouvements, Fasce und Spiegel, 1959–1961) wurde während der 60er Jahre (Exercises, 1962–1967) die nahtlose, organische Verbindung von Elementen, die ursprünglich aus verschiedenen Grundvorstellungen, aber auch Kulturkreisen und –perioden kommen, für mich immer wichtiger.

Mit dem Saxophonkonzert von 2003 begann die Wechselwirkung von Einzelindividuum und Kollektiv, die in allen meinen Bühnenwerken (Netzwerk, 1962–1967/1978–1980, Baal, 1974–1980, Der Rattenfänger, 1984–1986 und Der Riese vom Steinfeld, 1997–1999) thematisch eine zentrale Rolle spielt, in reiner Instrumentalmusik mein musikalisches Denken in besonderem Maß zu beherrschen. Es folgte ein Violinkonzert, ein Quintett für Klarinette und Streichquartett und ein solches für Posaune und Streichquartett. Gleichzeitig erfolgte nach dem Hymnus von 2000 eine Abkehr von großen Orchesterbesetzungen hin zu einem durchsichtigen, kammermusikalischen Orchestersatz. Mehr als die folgenden knapperen Werke zeigt das Saxophonkonzert freilich noch eine gewisse symphonische Breite.

Ich habe den Saxophon-Klang schon immer geliebt – die tiefen Instrumente der Familie wegen ihres oft rauen Ansatzes weniger als das Sopransaxophon, das ich oft in meinem Orchester verwendet habe und das nun im Konzert zum Soloinstrument geworden ist. Ich schätze seinen modulationsfähigen Ton, seine kantablen Möglichkeiten, seine Fähigkeit zu träumerischer Abgehobenheit und virtuoser Intensität. Den Berliner Saxophonisten Johannes Ernst habe ich durch H. K. Gruber kennen und schätzen gelernt. Ihm ist das Konzert gewidmet.

Der erste Satz ist ein Prélude mit heftig bewegtem Beginn, aber stark wechselnder Dichte und Lautstärke in seinem Verlauf. Er geht unmittelbar in den zweiten – ein über weite Strecken im pp dahin huschendes Perpetuum mobile im 12/8, auch im 15/8-Takt – über. Der dritte Satz ist ein Notturno. In der aus einem Klangfarbenspiel auf dem Ton fis langsam heraus entwickelten Melodik taucht mehrfach variiert eine Wendung auf, die schon in den erwähnten Exercises, der Basis meines Bühnenstücks Netzwerk, eine Rolle gespielt hat. Der vierte Satz ist eine Burleske, die vorübergehend auch düsteren, bedrohlichen Charakter annimmt. Seit einigen Jahren pulsieren in meinem Kopf mehrfach wiederholte, rasch aufwärts- und abwärtsgeführte Quintolengänge, die oft unbewusst meine linke Hand auf einer imaginären Geige ausführt. Sie tauchen auch hier auf und tragen neben anderen Elementen zum Grotesken in diesem Teil des Stücks bei. Der letzte Satz trägt den Titel Quodlibet und Epilog. Das Quodlibet wirbelt Elemente des ersten, zweiten und vierten Satzes durcheinander. Der langsame Epilog beginnt mit einem Trio von Sopransaxophon, Altsaxophon und Solobratsche – später tritt ein Violoncello dazu. Vorübergehend gibt es eine Erinnerung an die Netzwerk-Melodik aus dem Notturno, ehe das Stück mit klopfenden Slaps des Soloinstruments im pianissimo endet.

Friedrich Cerha

Verlag