György Ligeti

Hamburgisches Konzert

Titel
Hamburgisches Konzert
Untertitel
für Horn solo und Kammerorchester (mit zwei Bassetthörnern und vier obligaten Naturhörnern)
Category
Ensemble/Kammerorchester mit Solist(en)
Dauer
15:00
Anzahl Mitwirkende
20
Besetzung
2 (2. auch Picc.) · 1 · 2 Bh. (1. auch Klar. in B, 2. auch Klar. in Es) · 1 – 4 · 1 · 1 · 0 – P.S. (hg. Bck. · Crot. [aufgehängt] · 4 Bong. · Schellentr. · kl. Tr. · gr. Tr. · Röhrengl. · Rin · Glsp. · Xyl. · Vibr. · Marimb.) (2 Spieler) – Str. (1· 1 · 1 · 1 · 1)
Entstehung
1998
Uraufführung
2002-01-20

1.-6. Satz: Hamburg, NDR · Asko Ensemble · Marie Luise Neunecker, Horn · Dir.: George Benjamin
Vollständiges Werk: 30. September 2002, Utrecht · Marie Luise Neunecker, Horn · Asko Ensemble · Dir.: Reinbert de Leeuw

Satzangaben

I Praeludium
II Signale, Tanz, Choral
III Aria, Aksak, Hoketus
IV Solo, Intermezzo, Mixtur, Kanon
V Spectra
VI Capriccio
VII Hymnus

Auftraggeber
ZEIT-Stiftung, Hamburg
Audio
Copyright

György Ligeti: The Ligeti Project © 2016 Warner Classics 0825646028580

Kommentare des Komponisten zum Werk

Der Grund, warum ich ein Konzert für Horn solo und vier Naturhörner (im Orchester) geschrieben habe, liegt in meinem Interesse an neuartigen Harmonien. Dahinter steht, dass ich – schon seit vielen Jahren – sowohl die totale Chromatik als auch die gleichschwebende Temperatur ablehne. Sie haben sich in Jahrhunderten europäischer Musikgeschichte immer stärker verbraucht – die Chromatik seit Wagners Tristan. Mehrere heutige Komponisten teilen meine Bestrebungen, doch andere sind zur einfältigen Tonalität oder Modalität zurückgekehrt. Einer meiner früheren Studenten, Manfred Stahnke, entwickelte fruchtbare Wege zu alternativen Tonalitäten. Er folgte der Tradition, die von Harry Partch über Ben Johnson und James Tenney bis zu Dean Drummond reicht. Der Chromatik überdrüssig, suche ich nach einer Art nichttemperierter Diatonik, die aber andere harmonische Verknüpfungen zulässt als die der historischen europäischen Tonalität. Naturhörner sind die idealen Instrumente für alternative Tonhöhensysteme. Ich schreibe aber keine modische Obertonmusik, sondern verwende die Obertöne für nichtobertönige Akkordkombinationen. Ich habe kein fest geordnetes System geschaffen, sondern lasse die Klänge los, damit – in Selbstorganisation – andere Arten von tonalen Zusammenhängen entstehen als die der Tradition.

Zu den vier Naturhörnern gesellen sich zwei Bassetthörner, die temperiert spielen und mit den Hörnern zu einem einheitlichen Klang verschmelzen. Das Solohorn spielt alternierend Ventilhorn F–B und Naturhorn in F, die vier Orchesterhörner wechseln ihre Stimmung von Satz zu Satz. Auf diese Weise steht mir eine reiche Auswahl an harmonischen Kombinationen zur Verfügung.

Einführungstext zur Uraufführung im Rahmen des Konzertzyklus Das neue Werk im Norddeutschen Rundfunk Hamburg am 20. Januar 2001.

Zum Hamburgischen Konzert

Das Hamburgische Konzert für Solohorn und Orchester habe ich in den Jahren 1998 bis 2002 komponiert. Ich experimentierte in diesem Stück mit nichtharmonischen, sehr ungewöhnlichen Klangspektren. Im klein besetzten Orchester gibt es vier Naturhörner, von denen jedes die Obertöne 2 bis 16 erzeugen kann. Ich kann einige Hörner oder jedes Horn mit verschiedenen Grundtönen versehen und aus den Obertönen dieser Grundtöne neuartige Klangspektren zusammensetzen. Diese Harmonien klingen »schräg« im Verhältnis zu den harmonischen Spektren, es sind Harmonien, die bisher nicht verwendet wurden. Ich habe »schräge« konsonante Harmonien ausgetüftelt, und auch dissonante mit komplexen Schwebungen. Der Verschmelzungsgrad der Horntöne ist besonders hoch, und zur Sättigung des Klangs spielen die beiden Klarinettisten Bassetthörner. Das Klanggemisch klingt weich, sogar die Spektren mit den fremdartigen Schwebungen.

Einführungstext für das Begleitheft zur CD-Edition bei Teldec Classics (The Ligeti Project IV, 8573-88263-2), Hamburg 2003.

Abdruck aus: György Ligeti, Gesammelte Schriften (Veröffentlichungen der Paul Sacher Stiftung, Bd. 10), hrsg. von Monika Lichtenfeld, Mainz: Schott Music 2007, Bd. 2, S. 311-312. © Paul Sacher Stiftung, Basel und Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz, Bestellnummer: PSB 101

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