Chor a cappella
Sándor Weöres
Dieses kurze dreistimmige Stück für gemischten Chor a cappella habe ich 1946 während meines zweiten Studienjahrs an der Budapester Musikakademie komponiert (ich war damals dreiundzwanzig Jahre alt). In jenen Jahren sang ich regelmäßig in kleinen Chorvereinigungen, in privatem Kreis und auch in einem Berufskammerchor (in Klausenburg). Das regte mich an, selbst für Chor zu komponieren, und so entstanden zwischen 1940 und 1955 etwa dreißig kleinere Chorwerke, überwiegend a cappella, manche madrigalartig, so auch Magány. Stilistisch entscheidend war der Einfluss der Chorwerke Bartóks und auch Kodálys (in Ungarn gab es, vor allem von Kodály und Lajos Bárdos initiiert, eine bedeutende Chormusikpflege). Sándor Weöres, wohl der bedeutendste ungarische Dichter im 20. Jahrhundert, ist ein genialer Sprachvirtuose. Seine Texte sind zum Teil surrealistisch, zum Teil experimentelle Poesie, die von den rhythmischen und assoziativen Gegebenheiten der ungarischen Sprache ausgeht.
Einführungstext zur Aufführung im Rahmen des Musikprotokolls im Steirischen Herbst Graz am 4. Oktober 1984.
Abdruck aus: György Ligeti, Gesammelte Schriften (Veröffentlichungen der Paul Sacher Stiftung, Bd. 10), hrsg. von Monika Lichtenfeld, Mainz: Schott Music 2007, Bd. 2, S. 145. © Paul Sacher Stiftung, Basel und Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz, Bestellnummer: PSB 1014