„Wenn jemand neben mir stund und von weitem eine Flöte hörte und ich nichts hörte, oder jemand den Hirten Singen hörte, und ich auch nichts hörte, solche Ereignisse brachten mich nahe an die Verzweiflung, es fehlte wenig und ich endigte selbst mein Leben - nur sie die Kunst, sie hielt mich zurück, ach es dünkte mir unmöglich, die Welt eher zu verlassen, bis ich das alles hervorgebracht, wozu ich mich aufgelegt fühlte“, schreibt Beethoven im Heiligenstädter Testament. Angesichts seiner Erkrankung erscheint Beethovens Werk als ein unfassbares Dennoch. In der Malerei sind es Meister wie Degas und Monet, Manet und Hodler, die sich trotz körperlicher Beeinträchtigung ein bedeutendes Werk abrangen. Begegnen wir im Dialog mit ihren Bildern auch dem körperlichen Leiden? Hat es sich gestaltend ausgewirkt - aufs Werk?
Vito Žuraj sagt dazu: „Neben einer massiven Einschränkung kann eine Behinderung für einen Künstler aber auch erst der Anstoß dazu sein, alternative Wege der Kommunikation zu finden, die zu höchst originellen Ideen führen. Es ist schwer zu sagen, wie die Musik Ludwig van Beethovens sich entwickelt hätte ohne seine Hörprobleme. Ich persönlich habe in meiner Kindheit stark gestottert, ich hatte große Schwierigkeiten, harte Konsonanten auszusprechen, und um diese zu vermeiden, erfand ich im Wortsinne die slowenische Grammatik neu." In Erinnerung an diese Zeit hat Vito Žuraj für INNEN seine eigene Klangsprache noch einmal ganz neu befragt.
Der Helsinki Chamber Choir hätte das neue Werk INNEN von Vito Žuraj im September 2020 uraufführen sollen, doch die Pandemie verhinderte diese Pläne. Nun ist es fast fünf Jahre später zum ersten Mal zu hören.
Das erste gemeinsame Konzert des Helsinki Chamber Choir und des Freiburger Ensemble Recherche umfasst neben der Uraufführung von INNEN auch ein virtuoses Solowerk für Frauenstimme und Instrumentalensemble der Schwedin Malin Bång sowie Werke von Lotta Wennäkoski, Perttu Haapanen und Franck Bedrossian.
Vor dem Konzert findet im Foyer des Helsinki Music Centre in Zusammenarbeit mit der Autism Foundation Finland und dem Projekt Making Space for Artistry eine Podiumsdiskussion mit dem Titel Unfiltered Creativity statt. An der Diskussion nehmen die bildenden Künstlerinnen Maarit Hedman und Riina Noro teil; die Moderation übernimmt die Tänzerin Maija Karhunen.
Die deutsche Erstaufführung des als Kompositionsauftrag von Helsingin Kamarikuoro, Beethoven Jubiläums-Gesellschaft und ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln, gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung, entstandenen Werkes folgt am 17. Mai beim Festival Acht Brücken in Köln.
Musica Nova Helsinki