Samir Odeh-Tamimis plastische und rhythmisch intensive Musiksprache entfaltet bisweilen eine archaische Kraft. Geboren in Jaljulia in der Nähe von Tel Aviv und begeistert von sowohl der europäischen Klassik als auch der Ästhetik der Neuen Musik kam der Komponist im Alter von 22 Jahren nach Deutschland und studierte Musikwissenschaft und Komposition. Neben der Beschäftigung mit kompositorischen Vorbildern wie Giacinto Scelsi und Iannis Xenakis setzte er sich in dieser Zeit verstärkt mit arabischer Musik auseinander. Seine intensiven Recherchen zur Geschichte der altorientalischen Welt und des antiken Griechenlands inspirieren seine Musik inzwischen immer mehr.
Regelmäßig sind Samir Odeh-Tamimis Werke bei renommierten Festivals zu hören, und er erhielt Kompositionsaufträge unter anderem vom Deutschlandfunk, dem Saarländischen Rundfunk, den Donaueschinger Musiktagen, dem Europäischen Zentrum der Künste Hellerau, dem WDR und dem Bayerischen Rundfunk/musica viva. 2010 wurde sein Musiktheaterwerk Leila und Madschnun bei der Ruhrtriennale uraufgeführt. Im Rahmen des vom Ensemble Modern, Siemens Arts Program und Goethe-Institut initiierten Projektes into Istanbul komponierte er 2008 ein von der türkischen Millionenstadt inspiriertes Ensemblewerk. Auch mit dem Boulanger Trio sowie mit den Neuen Vocalsolisten Stuttgart verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit. So besuchten die Sänger:innen im Rahmen einer Auftragskomposition für das Eclat Festival 2014 Samir Odeh-Tamimis Elternhaus und lernten dort die musikalischen Wurzeln des Komponisten kennen.
Sein Oratorium Hinter der Mauer, beauftragt vom RIAS Kammerchor anlässlich des 20. Jahrestages der deutschen Wiedervereinigung, war nach der Berliner Uraufführung in Jerusalem und Dresden zu hören. Im Jubiläumskonzert des SWR anlässlich des 500. Reformationsjubiläums wurde das Werk Gidim für Orchester und Elektronik aus der Taufe gehoben, das sich mit sumerischen Toten-Ritualen beschäftigt. 2018 brachte das Stuttgarter Kammerorchester das Violakonzert Šamaš zur Uraufführung, benannt nach dem Sonnengott der babylonischen Mythologie, und 2020 beauftragte der SWR TIMNA für Chor, Schlagzeug, Flöte, Viola, Violoncello und Kontrabass. Schon 2016 schrieb er für das Brüsseler Klarafestival ein Intermezzo für eine inszenierte Version von Bachs Johannes-Passion unter der Regie von Pierre Audi. L’Apocalypse Arabe I, eingebettet in die beiden Teile der Passion, basiert auf Texten der libanesischen Dichterin Etel Adnan und wurde 2017 im Muziekgebouw Amsterdam sowie 2018 an der Opéra Rouen wiederaufgeführt. Für das Festival d’Aix-en-Provence entwickelte Samir Odeh-Tamimi das Werk zu einem abendfüllenden Musiktheater weiter, das im Juli 2021 höchst erfolgreich uraufgeführt wurde.
Zu den wichtigen Werken der letzten Zeit gehört das beim ECLAT Festival 2023 uraufgeführte Musiktheater Philoktet, komponiert für die Neuen Vocalsolisten und das Zafraan Ensemble und inspiriert von der Tragödie des Sophokles sowie von André Gide und Heiner Müller. Zur Saisoneröffnung brachte die Kammerakademie Potsdam im September 2023 Tachypnon zur Uraufführung; das Münchener Kammerorchester interpretierte im Januar 2024 das mit theatralischen Elementen versetzte neue Werk Melancópion für Streichorchester ohne Dirigenten. Im Auftrag der Biennale di Venezia komponiert Samir Odeh-Tamimi für 2024 das Sextett Roaïkron für die Christian Benning Percussion Group. Für Juni 2025 ist zudem die Uraufführung eines neuen Werkes für das Ensemble Meitar geplant.
In Kooperation mit dem RBB und Kairos hat das Berliner Zafraan Ensemble 2018 eine viel gepriesene Porträt-CD mit kammermusikalischen Werken des Komponisten vorgelegt. Weitere Aufnahmen sind unter anderem bei WERGO erschienen. Samir Odeh-Tamimi ist seit 2016 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin und erhielt im gleichen Jahr den Musikautorenpreis der GEMA.
Saison 2024/25
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