Mit den Triode Variations, verfolgt Ming Tsao einen Prozess der Dehierarchisierung. Grundlage sind Schönbergs Variationen für Orchester, die nach dem Modell elektronischer Trioden verfremdet und mit der metrischen und rhythmischen Struktur eines Gedichtes von J. H. Prynne überlagert werden. Der Komponist sagt dazu: „Schönbergs Komposition ist ja schon ein Sprung, sie destabilisiert die Verhältnisse. Aber Schönberg schreibt das hörende Subjekt in die Musik ein – es gibt den spätromantischen Gestus, mit seinem Rhythmus, seiner Phrasierung, den schon Boulez kritisiert hat. Obwohl die Variationen ins Extrem dessen gehen, was möglich erscheint, bleibt in ihnen eine Perspektive, aus der wir die Dinge in Zusammenhang bringen. Ich frage nun: Was, wenn das nicht mehr möglich ist? Wenn wir in einer chaotischen und komplexen Welt keine Anker für unser Verständnis mehr haben? Das ist für mich das materialistische Projekt: Die Anker zu entfernen, die uns Interpretation ermöglichen. Denn Interpretation hält uns davon ab, die Musik unmittelbar zu erfahren. Erst ohne sie sehen wir den Reichtum, werden unsere Sinne geschärft.“
Das gesamte Interview mit Ming Tsao, entstanden anlässlich der Uraufführung des Werkes im Mai 2022, finden Sie in unserem Magazin.
Ming Tsao gibt zudem auf seiner eigenen Website ausführlich Auskunft zu den Triode Variations, dem Wassergewordenen Kanonbuch sowie der Refuse Collection; auch in seinem im November 2022 für die Zeitschrift MusikTexte entstandenen Essay spricht er ausführlich über die Triode Variations. Daneben informiert das CD-Booklet über die Werke.